«Tempel wird verhindert»
Der Landkauf der Gemeinde Belp wirft Fragen auf – Tamilen fühlen sich schikaniert.
Der tamilische Verein, der in Belp einen Tempel plant, habe seine Chance verpasst, sagt der Gemeinderat von Belp, der diese Parzelle nun erwerben will. Die Tamilen fühlen sich jedoch von der Gemeinde und der Mavena schikaniert.
Gemäss Botschaft des Gemeinderates zur Gemeindeversammlung vom nächsten Donnerstag ist der geplante Landkauf in der Aemmenmatt ein trockenes Geschäft: Für 2,4 Millionen Franken will er dort eine Parzelle kaufen, um künftig wieder besser steuern zu können, wer sich in Belp ansiedelt und wer nicht. Anders als die Botschaft vermuten lässt, ist das Geschäft jedoch brisant: Denn es handelt sich um genau jenes Land, das ein hinduistisch-tamilischer Verein kaufen will, um dort ein religiöses Zentrum zu bauen. Und spätestens seit den Kontroversen um die Baubewilligung der serbisch-orthodoxen Kirche in der Aemmenmatt erhitzt das Thema Sakralbauten in Belp die Gemüter. So haben die bürgerlichen Parteien im Juni vom Gemeinderat gefordert, weitere religiöse Zentren in Belp zu verhindern. Als «guter Schachzug» wurde denn auch das Vorgehen des Gemeinderats beurteilt, dieses Geschäft über die Bühne zu bringen, ohne das Thema Sakralbauten anzuschneiden («Bund» von gestern). Obwohl inoffiziell bestätigt wird, dass der Gemeinderat das Land bewusst mit der Intention kauft, das Tamilenprojekt zu verhindern, hält Gemeindepräsident Rudolf Neuenschwander an seiner Aussage fest, der Landkauf habe nichts mit dem Projekt der Tamilen zu tun. Diese hätten es verpasst, das Land zu kaufen, und kaum Interesse gezeigt.
Fazit: Aussage gegen Aussage
Dinesh Zala von der Archimm AG, der das Tempelprojekt des tamilischen Vereins Aum Shakti leitet, gerät in Rage ob solcher Aussagen. «Wir sind nach wie vor am Land interessiert», sagt er. Es habe zwar eine Verzögerung gegeben, doch die habe verschiedene Gründe. Für ihn sei klar: Die Gemeinde wolle den Tempel verhindern, nachdem sie gegen die serbisch-orthodoxe Kirche nichts habe unternehmen können.
Im Frühling 2006 habe er zum ersten Mal Kontakt mit der Firma Huber und Ploerer, die im Auftrag der Mavena für den Verkauf des Landes zuständig war, Kontakt aufgenommen, sagt Zala. Man habe daraufhin die sechs zum Verkauf stehenden Baufelder unter den Interessenten aufgeteilt. Im Dezember habe er bei der Gemeinde eine Bauvoranfrage eingereicht, «weil wir sahen, welche Probleme die serbisch-orthodoxe Kirche hatte – dies wollten wir vermeiden». Im März 2007 erhielt Zala von der Gemeinde eine positive Antwort – gemäss Baureglement sind Sakralbauten in der Industrie- und Gewerbezone nicht verboten. «Die Gemeinde verlangte jedoch, dass wir das Gebäude anders platzieren», sagt Zala – dafür habe man wiederum mehr Boden und Geld benötigt. Im April hatte Suresh Selavartnan von Aum Shakti gegenüber dem «Bund» gesagt, man werde das Baugesuch in Kürze einreichen. Im Mai habe er von Huber und Ploerer den neuen Kaufentwurf erhalten, sagt Zala. «Danach sagte uns die Firma, ein neuer Interessent sei an einem Teil unserer Parzelle interessiert» – man sei bereit gewesen, das Projekt erneut zu ändern. «Wir wollten nicht stur an unserer Parzelle festhalten.»
Dies sei ihnen nun zum Verhängnis geworden, sagt Zala – denn die Änderung erforderte wiederum einen neuen Vertrag, «doch der ist nie bei uns angekommen». Stattdessen habe er erfahren, dass die Gemeinde das Bauland kaufen wolle. Huber und Ploerer hätten gesagt, dass sie von der Mavena die Weisung erhalten hätten, jegliche Kaufverhandlungen zu sistieren.
«Tamilen selber schuld»
Letzteres wird von Arnold Muri, Geschäftsführer der Huber und Ploerer Immobilien AG, bestätigt. Mehr wollte er zu den Verhandlungen nicht sagen. Mit der Gemeinde habe die Mavena AG selbst verhandelt. Die Mavena sei interessiert, das Grundstück zu verkaufen, hiess es gestern von Seiten der Firma. Die Tamilen hätten ihre Chance, den Vertrag zu unterschreiben, jedoch nicht wahrgenommen und seien deshalb «selber schuld», dass ihnen nun jemand zuvorkomme: «Uns spielt es keine Rolle, an wen wir verkaufen – der Schnellere erhält den Zuschlag.» Und die Gemeinde war schnell: «Sie entschied sich sehr kurzfristig, dass sie das Land kaufen will.» Ausserdem sei es im Interesse von Mavena, wenn gleich alle drei verbliebenen Baufelder dem gleichen Käufer verkauft würden.
«In Schweiz gilt Religionsfreiheit»
«Wenn die Gemeinde wirklich Bauland braucht, weshalb hat sie sich dann nicht vorher gemeldet?», sagt Zala. Bis sie gekommen sei, sei der Landkauf nie in Frage gestanden. «Jetzt stehen wir mit abgesägten Hosen da.» Für die Tamilen sei dies niederschmetternd: «Wenn unser Projekt in Belp scheitert, wird es auch an anderen Orten scheitern.» Denn das Vorgehen des Gemeinderates sei klar gegen die Tamilen gerichtet.
Der Verein Aum Shakti, der sich heute in Lyss trifft, plante in der Aemmenmatt einen Kubusbau mit einer kleinen Kuppel. «Von aussen sieht man nicht, dass dies ein Tempel ist», sagt Zala. Schliesslich habe auch das Bundeshaus eine Kuppel. 40 bis 50 Kinder würden hier in tamilischer Schrift, Sprache und Kultur unterrichtet, und einmal wöchentlich gebe es einen Anlass mit 250 bis 300 Personen. Vorgesehen seien 80 Parkplätze. Und: «Für Belp gäbe es 15 neue Arbeitsplätze», sagt Zala. Tamilen seien seit Jahren gut integriert in der Schweiz, viele seien eingebürgert – «da muss man ihnen auch die Freiheit geben, ihre Kultur auszuüben». Schliesslich gelte in der Schweiz Religionsfreiheit – da gehe es nicht an, dass eine Gemeinde versuche, ein religiöses Zentrum zu verhindern, sagt Dinesh Zala.
KOMMENTAR
Fragwürdiges Vorgehen
Belp will in seinen Industriezonen Firmen und Unternehmen ansiedeln, die Arbeitsplätze schaffen und Steuern bezahlen. Das ist nachvollziehbar und legitim. Ein religiöses Zentrum leistet weder das eine noch das andere. Das Vorgehen des Belper Gemeinderats, das zumindest indirekt den Bau des tamilischen Tempels und Kulturzentrums des Vereins Aum Shakti in der Aemmenmatt verhindert, wirft jedoch Fragen auf.
So fällt der ungewöhnlich schnelle Entscheid just mit der Überweisung einer Motion zusammen, mit der die bürgerlichen Parteien eine «Ballung von Sakralbauten» in Belp verhindern wollen. Über diesen Hintergrund schweigt sich der Gemeinderat gegenüber der Bevölkerung jedoch aus, obwohl inoffiziell bestätigt wird, dass dieser das Tamilenprojekt mit dem Landkauf bewusst verhindern will. Einzelne Parteien werten dieses Vorgehen als «guten Schachzug». Er ist jedoch äusserst heikel: Denn indem der Gemeinderat so überstürzt in den freien Markt eingreift – und dies mit scheinbar guten Argumenten vertuscht –, setzt er sich dem Vorwurf aus, die Religionsfreiheit zu missachten.
Umso erstaunlicher ist es, dass sich keinerlei Opposition regt. Denn nun wäre es an den Parteien, der Exekutive auf die Finger zu schauen. Es mag sein, dass der geplante Tempel den Zonenplan «zweckentfremdet». Fakt ist jedoch, dass ein religiöses Zentrum in der Industrie- und Gewerbezone noch nicht verboten ist.
Text und Kommentar: Manuela Ryter
Dieser Artikel erschien am 8. September 2007 im "Bund".